Andacht zum Sonntag Misericordias Domini

Misericordias Domini

 

Liebe Gemeinde,

„Ich bin ein Schaf!“ – Wer sagt das schon gerne von sich? Doch keiner trifft stets die richtigen Entscheidungen. Im Miteinander ist niemand gegen Fehler immun. Deshalb sage ich es gleich: Ich bin ein Schaf und entschuldige mich vorab für eventuelle Irritationen durch folgende Gedanken:

In dieser Zeit gibt es einige, die mich offenbar wachrütteln wollen mit Worten wie: „Merkst du nicht, was hier passiert? Wach auf!“ Doch diese Wachrüttler halte ich auch für Schafe – vielleicht etwas ungeduldigere – aber Schafe der Herde, die gerade verunsichert ist und zu der ich auch gehöre.

Ganz unterschiedliche Schafe müssen in dieser Herde miteinander auskommen: schlaue, vorsichtige, wagemutige, fügsame, störrische, egoistische, fürsorgliche, traurige, fröhliche und auch solche, die gerne in Ruhe etwas abseits grasen. Aber allesamt sind wir Schafe, weil wir gemeinsam vor dem unbekannten Land namens Zukunft stehen und nach einem guten Weg Ausschau halten.

Für Jesus beginnt ein guter Weg damit, auf Gott zu vertrauen, aufeinander zu achten und besonders darauf zu schauen, dass die Schwächsten mitkommen.

Immer wieder hat Jesus Verantwortung für andere übernommen, für niemanden war er sich zu schade. Deshalb behauptet er – finde ich – zu Recht von sich, dass er ist der gute Hirte ist. Für seine Liebe zu jedem Schaf hat er sogar mit dem Leben bezahlt. Seine Worte helfen mir in diesen Tagen, mich zu orientieren – sei es im Blick auf das unbekannte Land, sei es im Blick auf die Herde, in die ich unfreiwillig hineingeboren wurde.

Im Blick auf beides sagt dieser gute Hirte mir – und vielleicht auch Ihnen, die Sie diese Zeilen lesen: „Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch!“ (Mt 7,12).

Ich wünsche mir aktuell mehr Geduld, Vernunft und Rücksicht. Also muss ich mich auch selbst fragen lassen: „Lebst du eigentlich, was du von anderen erwartest?“ Die ehrliche Antwort behalte ich gerade lieber für mich. Doch sie zeigt mir, was zu tun ist und wo ein guter Weg beginnt.

 

Bild: Andreas Huber

Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.

Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser.

Er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.

Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.

Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde.

Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.

Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang,

und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar.

AMEN.

 

Pfr. Andreas Huber, 26. April 2020